Pille ohne Pause einnehmen: Was spricht dafür?
Die ununterbrochene Einnahme der Pille ohne eine siebentägige Pillenpause ist durchaus nicht neu. Bereits 1988 ergab eine Befragung in Australien, dass sich 46% der Frauen wünschten, nur viermal im Jahr oder noch seltener eine Menstruation zu haben. Ihr wichtigstes Argument lautete: Regelmäßige Blutungen sind lästig, weil die zyklusbedingten Beschwerden als Einschränkung empfunden werden. Heute haben zahlreiche Pillenanwenderinnen bereits Erfahrungen damit gemacht, ihre Periode über die übliche Pilleneinnahme von 21 Tagen hinaus problemlos zu verschieben.
Was spricht für den Langzyklus?
Gründe für das Verschieben der Monatsblutung sind sportliche Aktivitäten, Urlaub und Reisen sowie Prüfungen verschiedener Art und berufliche Vorhaben. ”Bislang stehen nur wenige Studien zur Langzyklus-Einnahme von Mikropillen zur Verfügung”, erklärt Dr. Dr. Alfred O. Mueck/Universitätsfrauenklinik Tübingen. Er selbst hat jedoch im Rahmen einer Studie mit mehr als 1.400 Frauen unter Anwendung einer Mikropille mitgewirkt, d.h. es kam ein monophasisch niedrig dosiertes Kontrazeptivum zum Einsatz. 175 der Probandinnen nahmen diese über einen Zeitraum von 6-18 Wochen anstatt über drei Wochen ein. Dies bedeutet: Jeweils zwei bis sechs Packungen kamen kontinuierlich ohne Hormonpausen zur Anwendung. In der genannten Studie waren Frauen aller in Frage kommenden Altersgruppen vertreten. Die Möglichkeit der Langzeiteinnahme wurde am häufigsten von jungen Frauen zur Verschiebung der Periode und zur Minderung von Monatsbeschwerden genutzt. ”Ich bin überzeugt” – so Mueck – ”dass dieses Schema unter bestimmten Voraussetzungen künftig immer häufiger angewandt wird”. Studien zum Langzyklus erfolgen meistens über einen Zeitrahmen von zwei, drei und sechs Monaten; aber auch bis zu einem Jahr hat sich die Methode als sicher und wirksam erwiesen. Außerdem zeigte sich die hohe Akzeptanz der Frauen, weil sich durch die Verringerung der Monatsblutungen ihre Lebensqualität deutlich verbesserte.
Menstruationsbeschwerden mindern
Grundsätzlich lassen sich Menstruationsbeschwerden durch die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva deutlich bessern, selbst beseitigen. In der siebentägigen Pillenpause leiden Frauen, die den 21-Tage-Rhythmus anwenden, deutlich häufiger an Beschwerden als unter der Langzeiteinnahme. Das prämenstruelle Syndrom (PMS) ist gekennzeichnet durch Brustspannen, Kopfschmerzen und Migräne, Wasseransammlungen in den Füßen und Beinen, Unterleibsschmerzen, Stimmungsschwankungen und Neigung zu Depressionen. Daher nehmen Frauen in der Pillenpause deutlich mehr Schmerzmittel ein. Dies bestätigte eine Untersuchung von Dr. Patricia J. Sulak/ Scott and White Clinic in Texas. Unter der Voraussetzung, zyklusabhängige Beschwerden zu verringern, ist der Langzyklus eine Erleichterung. Betroffene, die ein orales Kontrazeptivum durchgehend über 12 Wochen einnahmen, hatten in der nachfolgenden Pillenpause deutlich weniger Beschwerden. Erstaunlich ist auch, dass mehr als 90% der Pillenanwenderinnen, die im Rahmen der Tübinger Studie zum ersten Mal einen Langzyklus kennenlernten, an diesem festhalten wollten. Auch Langzeit-Anwenderinnen, bei denen Zwischenblutungen auftraten, wollten trotzdem die Verhütungsmethode fortsetzen.
Bewährte Indikationen
Neben dem Prämenstruellen Syndrom erwies sich die Besserung der menstruellen Migräne im Langzyklus als besonders erfolgreich. Diese wird im Wesentlichen durch den abrupten Hormonentzug in der Pillenpause ausgelöst. Weitere therapeutische Anwendungen der Langzyklus-Einnahme von Mikropillen bewährten sich bei Endometriose, Myomen und Ovarialzysten. Wegen der seltener auftretenden Blutungen profitieren u.a. Frauen mit Eisenmangel-Anämie und benignen Mastopathien (Bildung von gutartigen Geschwülsten in der Brust). Da es zur Zeit nur wenige Studien zum Langzyklus gibt, wird von Seiten der Experten betont, dass die Anwendung gezielt nur bei den genannten Beschwerden verordnet werden sollte.
Problematisch ist, dass es in Deutschland noch keine Pille mit Zulassung für den Langzyklus gibt. Deshalb enthalten Beipackzettel keine entsprechenden Informationen.
Auswirkungen der Amenorrhoe
Das Ausbleiben der regelmäßigen Blutung im Langzyklus wird von manchen Frauen als unnatürlich empfunden und gelegentlich sogar mit einer eventuellen Schwangerschaft verwechselt. Hier muss durch gezielte Beratung das Problem der Beschwerden diskutiert und insbesondere die Frage der Sicherheit mit dem behandelnden Gynäkologen erörtert werden. Die Blutungsfreiheit wird aufgrund internationaler Publikationen von etwa zwei Dritteln der Frauen, die unter Langzyklus verhüten, bevorzugt. Tatsache ist, dass in den ersten Monaten bei etwa 25% der Frauen Durchbruchblutungen auftreten. Mit der Einnahmedauer nehmen diese aber deutlich ab und zeigen sich nach einem Jahr nur noch bei 5% der Frauen. ”Langfristig entwickeln sich ein atrophisches Endometrium (Rückbildung der Gebärmutterschleimhaut) und eine Amenorrhoe (Ausbleiben der Menstruation)”, erklärt Prof. Dr. Herbert Kuhl/Universitätsfrauenklinik Frankfurt und fügt hinzu: ”Nach Absetzen der Pilleneinnahme kommt es zu einer vollkommenen Rückbildung”.
In Fragen der sicheren Verhütung gilt, dass unter Anwendung einer Mikropille im Langzyklus trotz Ausbleiben der Blutungen sogar eine besondere Zuverlässigkeit gegeben ist. Bisher deutet auch nichts darauf hin, dass die Methode negative Auswirkungen auf eine spätere Schwangerschaft ausübt.
Zusammenfassung
Mit der Einführung der Pille vor mehr als 40 Jahren wurde bewusst der 21(Pillen) + 7 –Tage (Pause)–Rhythmus gewählt, um den Anwenderinnen den Eindruck von ”Natürlichkeit” zu vermitteln. Es wird viel zu wenig beachtet, dass diese monatlichen Blutungen keine normalen Regelblutungen, sondern künstlich herbeigeführte Hormonentzugsblutungen sind. Die Einnahmepause war und ist demnach im Hinblick auf Sicherheit und Verträglichkeit der Pille zu keiner Zeit erforderlich. Diese Information erhöht auch die Bereitschaft zur regelmäßigen Einnahme der Mikropille.
Soweit bekannt, wurden bisher nur monophasische Mikropillen im Langzyklus verwendet. Die Zukunft wird zeigen, ob und welche Präparate sich für den Langzyklus in der Kontrazeption als optimal erweisen.
Mit diesen Erklärungen möchte der Berufsverband der Frauenärzte auf den bisherigen Stand der Dinge im Langzyklus hinweisen und rät vor einer geplanten Anwendung bei den aufgezeigten Beschwerden zum ausführlichen Gespräch mit der behandelnden Gynäkologin oder dem Gynäkologen.